Zohran Mamdani – ein Wendepunkt für den urbanen Progressivismus

Am 4. November 2025 wählten die New Yorkerinnen und New Yorker Zohran Mamdani zu ihrem neuen Bürgermeister. Der 33-jährige Abgeordnete mit ugandisch-indischen Wurzeln, Vertreter eines demokratischen Sozialismus, besiegte Ex-Gouverneur Andrew Cuomo (unabhängig) und den Republikaner Curtis Sliwa. Viele sehen darin den deutlichsten Linksruck der Stadtpolitik seit Jahrzehnten.

Sein Programm, oft „Zohranomics“ genannt, setzt auf universelle öffentliche Dienste: kostenlose Busse, Mietenstopp für regulierte Wohnungen, massiver Ausbau des sozialen Wohnungsbaus und allgemeine Kinderbetreuung. Finanziert werden soll das durch eine Erhöhung des städtischen Einkommensteuersatzes um zwei Punkte für Einkommen über einer Million Dollar und eine Anhebung der Unternehmenssteuer von rund 7 % auf 11,5 %. Für langfristige Wohnungsinvestitionen will Mamdani außerdem öffentliche Kredite einsetzen.

Für progressive Kräfte bedeutet das mehr als bloße Umverteilung – es ist eine Neuausrichtung kommunaler Prioritäten. The New Yorker schrieb, Mamdani „baue seine ökonomische Vision auf Grundbedürfnissen auf – Wohnen, Ernährung, Verkehr, Kinderbetreuung –, die in der Mainstream-Politik meist zweitrangig waren“. Common Dreams zitierte Ökonominnen, die sein Programm lobten, weil es „Millionen Menschen sofort helfen und ein gerechteres, wohlhabenderes New York schaffen würde“.

Aus europäischer, insbesondere grüner Perspektive, besitzt dieses Experiment Signalwirkung. Städte werden zu Laboren sozial-ökologischer Transformation. Mamdanis Politik verbindet Klimagerechtigkeit und soziale Sicherheit – ein Ansatz, der an viele Programme der europäischen Grünen erinnert.

Die Herausforderungen sind erheblich: Steueränderungen erfordern die Zustimmung des Bundesstaates New York, und höhere Verschuldung stößt auf Skepsis der Finanzmärkte. Selbst wohlwollende Stimmen wie Dollars & Sense warnen, „progressive Besteuerung müsse mit der Fähigkeit einhergehen, universelle Dienste auch tatsächlich zu liefern“.

Und doch ist die Symbolkraft enorm. Der Sieg steht für einen generationalen und ideologischen Wandel: weg von der Sparlogik, hin zu öffentlicher Investition als Grundlage von Freiheit. Der frühere US-Arbeitsminister Robert Reich schrieb dazu in The Guardian:

„Mamdanis Sieg markiert die Rückkehr einer Volks-Demokratischen Partei – einer Partei, die Erfolg nicht am BIP misst, sondern daran, wie viele Menschen würdig leben können.“

Für europäische Grüne und Linke ist New York damit ein reales Versuchsfeld für eine gerechte, solidarische und klimabewusste Stadt – und der Beweis, dass demokratische Vorstellungskraft die erneuerbarste Energiequelle bleibt.